Das babylonische Wörterbuch
Der erste Eindruck
Die vorliegende Ausgabe ist ein absolut ansprechendes Buchkunstwerk. Die Farbgestaltung des Schutzumschlags findet sich auch auf dem Bucheinband wieder: Dieser ist ebenso türkis wie die Fadenheftung und das gelbe Lesebändchen kontrastiert dies. Den Vorsatz bilden farblich stimmige Vögel auf einem gelben Hintergrund, was diese ohnehin wertige Ausgabe einmalig macht.
Der Inhalt
Das babylonische Wörterbuch vereint 13 Erzählungen des lateinamerikanischen Autors Joaquim Maria Machado de Assis.
Als Beispiel möchte ich näher auf die namensgebende Geschichte eingehen.
Das babylonische Wörterbuch handelt von dem Fassbinder Bernardino, der politische Reden schwingt. Er stachelt das Volk auf, bis es seiner Meinung ist, dass der Thron dem Volk zustehe.
Allerdings wird nach dem Sturz des Königs klar, dass der Thron für dieses zu klein ist. So kommt es, dass Bernardino selbst den Herrschersessel besteigt.
Es folgen sinnfreie Amtshandlungen, wie beispielsweise, dass das gesamte Volk Brillen tragen muss, um Bernardino, der nach einer Augenentzündung selbst eine benötigt, nah zu sein. Oder, dass die Stelle des kleinen Zehs am Schuh mit einem Loch versehen werden muss, um mit dem König mitzufühlen, der an dieser Stelle ein Hühnerauge hat. Trotz seiner Machtposition hat der König es schwer im Kampf um die Frau, die er begehrt.
Estreladas ,,Familie redet ihr ein, dass eine Krone auf dem Kopf wohl mehr wert sei als Sehnsucht im Herzen” (S.101), doch sie gibt der Verlockung nicht nach. Heimlich begehrt sie einen Poeten, weshalb sie verkündet jenen zu heiraten, der das schönste Madrigal erdichtet.
Dreimal siegte der Mann ihrer Begierde, doch Bernardino ließ dies jedes Mal für ungültig erklären.
Seine Minister raten ihm dazu, eine neue Sprache zu schöpfen, damit der begabte Konkurrent keinen Vorteil mehr hat.
Daraus resultierend entsteht das babylonische Wörterbuch und der Wettkampf geht in die vierte Runde.
Das Fazit
Die beschriebene pseudohistorische Anekdote steht stellvertretend für die gesamte Sammlung, obwohl diese vielfältiger ist.
Doch obwohl jede Erzählung für sich steht, wird deutlich, was dieses Buch ist: Unterhaltsam, paradox und auch anregend.
Was ich zunächst befremdlich fand, im Verlauf des Lesens aber immer ansprechender, ist der altmodische Sprachstil.
Geschuldet ist dies wohl der Zeit, in der der 1839 geborene Autor lebte.
Auf einen Blick
Aus dem Portugiesischen von Marianne Gareis, Melanie P. Strasser Mit Nachwort von Manfred Pfister Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 256 Seiten, 9,0 x 15,0 cm ISBN: 978-3-7175-2422-9 € 20,00 [D] | € 20,60 [A] | CHF 28,90* (* empfohlener Verkaufspreis) Verlag: Manesse Erschienen: 23.04.2018 |