Monat: Dezember 2017

Simpel von Marie-Aude Murail

Alles andere als simpel!

Colbert Maluri ist 17 Jahre alt und strebt das letzte Jahr im Gymnasium an, um danach eine Elite-Hochschule zu besuchen. Außerdem beginnt er sich für Mädchen zu interessieren. Besonders Béatrice hat es ihm angetan, aber auch Zahra gegenüber ist er nicht abgeneigt.

Klingt nach einem ganz normalen Teenagerleben, doch so einfach ist das nicht. Denn er hat noch einen Bruder: Simpel. Simpel ist der Spitzname von Barnabé. Er ist 22, doch geistig behindert und verhält sich daher wie ein dreijähriges Kind.

Die Mutter der beiden ist verstorben und der Vater konzentriert sich voll und ganz auf seine neue Frau, die schwanger ist. Simpel passt also nicht in sein Leben und sollte daher nach Malicroix, in eine Einrichtung für beeinträchtigte Menschen. Doch die Umstände dort sind sehr schlecht. Simpel geht es gar nicht gut und sein Bruder entscheidet sich dafür, die Verantwortung für ihn zu übernehmen und ihn dort herauszuholen.

Zunächst kommen sie bei einer Tante unter, doch Simpel mag sie nicht besonders und weil das keine langfristige Lösung darstellt, suchen sie sich eine andere Bleibe.

Die beiden landen in einer 4-er WG in der Rue du Cardinal-Lemoine. Hier treffen sie auf Enzo, Aria und ihren Freund Emmanuel, sowie Corentin, Arias Bruder.

Simpel stellt die WG am Anfang ziemlich auf den Kopf und das Jugendamt versucht Unterstützung anzubieten. Doch für Corentin kann es keine bessere Lösung geben, als mit seinem Bruder zu leben.

Meine Meinung

Im ersten Kapitel war ich ziemlich genervt von Simpel und habe mich schon gefragt, ob ich es wirklich lesen möchte. Doch bin ich froh, dass ich es nicht voreilig weggelegt habe.

Die Geschichte ist sehr vielseitig und schneidet viele Themen an. Die Liebe, Familie, Erwachsenwerden, Verantwortung und Behinderung. Sie ist super herzig und ich bedaure sehr, Corentin nicht selbst zum Bruder zu haben.

Elefanten sieht man nicht von Susan Kreller

Der Titel Elefanten sieht man nicht

The elephant in the room ist eine englische Redewendung und bezeichnet etwas, das jeder weiß, über das aber niemand spricht. Das hier behandelte Tabuthema ist Gewalt innerhalb der Familie.

Der Inhalt

Mascha ist 13 Jahre alt. Seit dem Tod ihrer Mutter vor einigen Jahren, verbringt sie die Sommerferien bei ihren Großeltern in einer kleinen Siedlung. Mascha gehört einfach nicht dazu und langweilt sich. Auf dem Spielplatz begegnet sie den Geschwistern Max und Julia Brandner. Beide haben Verletzungen, die Mascha stutzig werden lassen.

Nachdem sie die zwei einige Tage nicht wieder gesehen hat, beschließt sie zu deren Haus zu gehen.
Niemand öffnet und in der Hoffnung, sie könnten im Garten sein, geht Mascha hinters Haus, um nachzusehen.

Der Garten ist leer, aber aus dem Haus kommen Schreie. Mascha schaut durchs Fenster:

Und als ich durch das Fenster blickte und etwas sah, das viel mehr war als ein sekundenlang fleckiger Bauch und eine sekundenlang klaffende Wunde an der Stirn.

Erschrocken rennt Manscha zu ihren Großeltern und erzählt, was sie gesehen hat, doch
die Oma bringt sie zum Schweigen:

Den Brandnders gehört das Autohaus drüben am Hügel, das weißt du doch. Du weißt, dass das anständige Leute sind. Alle hier wissen das. Sowas passiert hier einfach nicht!

Es ist egal, wem Mascha sich mitteilen will, immer stößt sie auf taube Ohren.

Es muss etwas getan werden, doch niemand tut etwas. Also denkt sich Mascha eine „Lösung“ aus. Diese ist nicht die beste Idee, aber wenigstens ist das Mädchen viel mutiger als die Erwachsenen und tut etwas.

Meine Meinung

Maschas ambivalentes Gefühlsleben ist sehr mitreißend. Einerseits will sie helfen, aber andererseits ist sie mit 13 einfach nicht in der Lage dazu. Unterstützung bekommt sie auch nicht und so wie die Erwachsenen auf sie reagieren, ist es umso bemerkenswerter, dass sie so idealistisch handelt. Sie bringt die Kinder damit in eine gefährliche Situation, die sie absolut romantisch verklärt betrachtet und verkennt, bis sich die Lage zuspitzt.

Ich hätte mir nach der Spannung des Verlaufs lediglich ein ausgedehnteres Ende gewünscht, beziehungsweise ein Nachwort, bevorzugt mit Happy End, damit junge Leser in ähnlichen Lebenslagen Hoffnung schöpfen können.

Auf einen Blick

elefant

 Titel: Elefanten sieht man nicht

 Seiten: 208

 ISBN: 978-3-551-58246-1

Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg

Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg von Jenny Colgan

ist der vermutlich letzte Band der Bäckerei-Trilogie. Die ersten Teile, Die Bäckerei  am kleinen Strandweg und Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg, habe ich nicht gelesen. Auf der ersten Seite versichert die Autorin jedoch, dass es auch gar nicht nötig sei. Daher habe ich mir das Buch gekauft und kann das jetzt absolut bestätigen.

Zu der Kaufentscheidung beigetragen hat auch das schöne Cover. Was ich erst später entdeckt habe, aber auch total süß finde, ist der kleine Papageientaucher Neil, zu dem seine Schneespuren unten links im Bild führen.

Was davor geschah

Bevor es in der kleinen Bäckerei am Strandweg weihnachtet, ist Polly erstmal auf die Insel Mount Polbearne gezogen. Sie hat sich einen Leuchtturm gekauft, weil sie diese Vorstellung schön fand, doch leider sieht es in der Realität anders aus. Der Turm ist renovierungsbedürftig, verschlingt eine Menge Geld und die Temperaturen sind ziemlich eisig.  Dennoch lebt sie dort mit Huckle, ihrem Freund, und Neil, ihrem Papageientaucher. Polly gehört die Bäckerei im Ort.

Die Handlung

Bei Polly ist immer was los und sie kommt kaum zur Ruhe. Zum einen ist ihre beste Freundin Kerensa schwanger, doch unsicher, ob ihr rothaariger Mann Reuben der Vater ist. Wie soll sie ihm gegebenenfalls das brasilianische Riesenbaby erklären?

Außerdem beschäftigt Polly ihre eigene Herkunft. Polly ist ohne Vater aufgewachsen und ihre Mutter möchte nicht über ihn reden. Das hält Polly aber für nötig, denn Huckle möchte sie heiraten und eine Familie mit ihr gründen, aber sie fürchtet sich vor diesem Schritt. Nicht nur, weil sie selbst keine Familie hatte, sondern auch, weil alle Familien aus ihrem Bekanntenkreis zerbrochen sind.

Dass Polly Huckle bezüglich der Hochzeit hinhält und ihn erst später in Kerensas Geheimnis einweiht, kann Huckle nicht verstehen. Können die beiden sich aussprechen und wieder zueinander finden?

Das Leben war nun mal keine Buttercremetorte. Man konnte die Creme nicht über die Risse im Kuchen streichen und hoffen, dass sie unbemerkt blieben. So lief das nicht.

Fazit

Für mich war Weihnachten in der kleinen Bäckerei am Strandweg eine prima Sonntagslektüre am 3. Advent. Da Polly mehrere Baustellen hat, beschränkt sich der Roman nicht nur auf die Beziehung zwischen Polly und Huckle. Dadurch ist die Handlung sehr kurzweilig. Zum Entspannen und abschalten ist das Buch ideal. Eine heiße Schokolade dazu ist ein absolutes Muss. Ein Rezept dazu gibt es sogar im Buchdeckel.

Auf einen Blick

Autorin: Jenny Colgan
Seitenzahl: 368
Erscheinungsdatum: 02.10.2017
ISBN 978-3-492-31153-3
Verlag Piper
Originaltitel Christmas at the Little Beach Street Bakery
Übersetzt von Sonja Hagemann18

Asoziales Wohnen von Dirk Bernemann

Hinter jeder Tür ein anderes Scheißleben

Manche Leben wackeln wie Milchzähne im Kinderkiefer, das kann man deutlich spüren, wenn man sich die Mühe gibt, genau hinzufühlen.

Der Inhalt

Es beginnt im Erdgeschoss. Hier wohnt ein Ehepaar, dass gemeinsam vor sich her vegetiert. Er sitzt in seinen Ausscheidungen und sie empfindet nichts als Abscheu, Ekel und Gewohnheit für ihn, was sie aber Liebe nennt.

Rechts daneben wohnt der 38-jährige, dicke Sören  mit seiner Mutter, der sich in eine virtuelle Rapperidentität flüchtet und dazwischen Sibylle mit Mädchenträumen von der Liebe, die nicht wahr werden und auch nicht wahr werden können, weil ihre Angst das gar nicht zulässt.

Trautes Heim, Glück sagt Nein

Im ersten Stock wohnen Isabell und ihr Mann Justus mit 3 Kindern. Von außen betrachtet muss das sehr idyllisch wirken, doch in Isabell ist es ziemlich leer. Daneben lebt ein Autor, der das Leben will. Doch sein Wunsch ist einseitig.

Die Wohnung daneben gehört Manuel. Der Schönling datet sich gegen die Leere, doch er versteht die Liebe nicht.

Das ist wie Warmlaufen beim Fußball und nicht eingewechselt werden, das ist wie für die Schule ein beschissenes Gedicht auswendig zu lernen und nicht dran genommen zu werden, das ist wie vor dem leckersten Büffet stehen und plötzlich und unerwartet beim Essenangucken Magen-Darm-Grippe bekommen.

Zudem lebt in dem Haus noch die 5-jährige Lisa, die in einer lieblosen und nicht kindgerechten Familie groß wird. Sie verstummt, legt sich einen imaginären Freund zu und mit ihm besucht sie den gesichtslosen Alien im Dachgeschoss, der nur selten die Tür öffnet.

Die Welt besteht manchmal nur aus Angst und Nichtangst. Und man ist instabil und wackelt und glaubt, dass das Leben immer neue Abgründe auftun will. Man weiß noch nicht, dass wenn man älter wird, der ganze Scheiß auch noch schlimmer werden kann.

Der Roman zeigt: Alles kann schlimmer werden.

Fazit

Derb und schonungslos beleuchtet Dirk Bernemann die Schwermut menschlichen Daseins. Das Entkommen aus dem falschen, ungeliebten Leben ist gar nicht so einfach und auch der Kontakt zu anderen ist schwer, wenn alle so sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Für meinen Geschmack waren einige Fäkalien-Metaphern  zu viel enthalten, aber so kam die Massage besonders gut rüber, dass das Leben ein Haufen voller Scheiße sein kann.

 

Auf einen Blick

Asoziales Wohnen

 

 

Asoziales Wohnen
Unsichtbar Verlag
Oktober 2012
315 Seiten
ISBN 978-3-942920-14-8

Das Café am Rande der Welt

Eine Erzählung über die Selbstfindung von John Strelecky

Um ganz wir selbst zu sein, müssen wir unser wahres Selbst zulassen. So einfach ist das. Es liegt nur an uns, wenn es schwer erscheint.

Ein gestresster Manager steht im Stau und nimmt daher genervt eine andere Ausfahrt als geplant. Er landet irgendwo im Nirgendwo mit fast leerem Tank und leerem Magen.

Dann der Lichtblick: Das Café am Rande der Welt!

Ein kleines, rechteckiges Gebäude namens Das Café der Fragen. Der Name rührt daher, dass der Besucher seinen Aufenthalt zugleich dazu nutzen kann, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen, die auf der Rückseite der Speisekarte stehen.

WARUM BIST DU HIER?

HAST DU ANGST VOR DEM TOD?

FÜHRST DU EIN ERFÜLLTES LEBEN?

Das Essen schmeckt ausgezeichnet und die freundliche Bedienung und der Inhaber des Cafés sind sehr hilfsbereit, auch dabei, die individuelle Suche nach dem Zweck der Existenz zu unterstützen.

 

Selbstfindung im Café am Rande der Welt

Für mich kamen die Überlegungen zur rechten Zeit. Inmitten von Druck, den ich mir selbst mache und Zweifel über den Sinn meines Lebens und den weiteren persönlichen Werdegang hat mich der Besuch im Café der Fragen geerdet.

Die Erkenntnisse sind nicht wirklich neu, aber im Trubel des Alltags geht so oft das Wissen darüber verloren, was wirklich wichtig ist und im Leben wirklich zählt, sodass man es sich nicht oft genug bewusst machen kann. Für meine Selbstfindung hat das Buch einen guten Anstoß gegeben.

 

Auf einen Blick

EUR 9,95 € [DE], EUR 10,30 € [A]
Verlag: dtv großdruck
Aus dem Englischen von Bettina Lemke
176 Seiten, ISBN 978-3-423-25357-4
Erscheinungsdatum: 1. Dezember 2014

Jojo Moyes- Lou & Will Band 1 & 2

Der Roman Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes erschien Anfang 2013.
Die Story rund um Lou und Will ging 2015 weiter mit Ein ganzes neues Leben & da es ab dem 23.01.2018 endlich eine Fortsetzung geben wird, ist es ein guter Zeitpunkt, sich spätestens jetzt in die Geschichte einzulesen oder den Roman auszugraben und erneut einzutauchen.

Ein ganzes halbes Jahr- Die Story

„Ein ganzes halbes Jahr“ beginnt mit der Vorstellung von Will im Jahr 2007. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der wenig Zeit für sein Privatleben hat und auch wenn er im Urlaub ist, gerne etwas erlebt. Doch dann hat er einen folgenschweren Unfall.

Das erste Kapitel startet im Jahr 2009: Lou wird vorgestellt. Sie ist 26 und hat einen außergewöhnlichen Kleidungsstil, mit dem sie auffällt in dem Ort, wo sie bei ihren Eltern lebt. Ihre kleine Schwester Treena wohnt mit ihrem Sohn Thomas ebenfalls bei ihnen, genauso wie der pflegebedürftige Großvater.

Lou liebt ihren Job im Café, doch der Besitzer gibt es auf und so muss sie sich eine andere Arbeit suchen, um ihre Familie finanziell unterstützen zu können.

Und dann gibt es da noch Lous Freund Patrick, der sich mehr für seine Fitness interessiert, als für seine Freundin. Er hat wenig Verständnis dafür, dass Lou traurig ist über ihren Jobverlust und rät ihr unempathisch sich hochzukämpfen, wie es bereits viele Jungunternehmer getan haben.

Im Jobcenter erfährt Lou, dass die Chancen in dem kleinen Ort nicht so gut stehen und bewirbt sich auf die einzige Stelle, die noch frei ist: Pflegekraft für einen Tetraplegiker, nämlich Will, der seit seinem Unfall im Rollstuhl sitzt.

Die Stelle ist auf ein halbes Jahr befristet, und obwohl Lou es zunächst schwer fällt den sarkastischen Will zu betreuen, beißt sie sich des Geldes wegen durch.

Doch dann ändert sich alles:
Die beiden werden Freunde und sie erfährt, dass der Vertrag befristet ist, weil Will Sterbehilfe in Anspruch nehmen will. Lou ist fest Entschlossen die Zeit zu nutzen, um ihm zu zeigen, wie schön das Leben trotz seiner Behinderung sein kann.

Fazit

Beim Lesen habe ich gelacht über Lous Gedanken, ihren Kleidungsstil und die spitzen Bemerkungen der anderen ihr gegenüber. Später schwindet die Leichtigkeit und die Thematik wird sehr ernst.
Ich finde „Ein ganzes halbes Jahr“ ist ein wundervolles Buch, mit sehr gut gezeichneten Charakteren und vielen Verschiedenen Ansichten zum Thema Sterbehilfe.

 

Auf einen Blick:

Originaltitel: Me before you
Autorin: Jojo Moyes
Erscheinungsdatum: 21.03.2013
Seiten: 528
Verlag: Rowolth Taschenbuch Verlag
Übersetzt von Karolina Fell

 

 

Band 2: Ein ganze neues Leben

Das letzte halbe Jahr hat Lou verändert. Sie ist gewachsen, doch führt noch immer nicht das Leben, das Will sich für sie gewünscht hat. Sie arbeitet am Flughafen, hat sich ein Apartment gekauft, doch glücklich ist sie nicht.

Du hast mir kein verdammtes Leben übrig gelassen, oder? Von wegen. Du hast einfach nur mein altes Leben kaputt gemacht. Es in einen Scherbenhaufen verwandelt. Was soll ich jetzt mit den ganzen Bruchstücken anfangen?

Fazit:

Hier durchlebt der Leser mit Lou ihre Trauerbewältigung, doch wie ich finde ist das sehr eintönig.
Ohne Will gibt die Handlung nicht genug Spannung her und alles was geschieht scheint sehr unrealistisch und nicht stimmig im Hinblick auf Band 1.
Da ich „ein ganzes halbes Jahr“ aber so liebte und trotzdem wissen möchte, wie es mit Lou weitergeht bin ich sehr gespannt auf die Fortsetzung.