Kategorie: dies, das Ananas

Inklusion in Bibliotheken– ist das notwendig?

Lesen für alle

In der Menschenrechtskonvention der Organisation der Vereinten Nationen ist in Artikel 26 festgelegt, dass jeder Mensch das Recht auf Bildung hat.[1]

Lesen ist eine darunterfallende Kernkompetenz, die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Partizipation durch das Erschließen von Informationen ermöglicht. Auch Bibliotheken sind in diese Systeme eingebunden und sollten entsprechend die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft berücksichtigen. Dennoch kann nicht jede*r die Angebote wahrnehmen.

Zum Jahresende 2017 gab es 7,8 Millionen Schwerbehinderte in Deutschland. Darunter zählen körperliche, geistige und seelische Behinderungen.[2]

Bei der Bibliotheksnutzung kann also nicht nur der räumliche Zugang eine Barriere darstellen, sondern auch das dortige Angebot.

Viele Menschen lesen gerne, obwohl es für sie mühsam ist. Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund, oder auch mit Lese- und Rechtschreibproblemen sowie geistiger Beeinträchtigung fallen darunter. Und auch Menschen mit Sehschwächen haben Schwierigkeiten, sobald die Schrift zu klein oder der Kontrast zu gering ist.

Schon diese Aufzählung zeigt die Vielfältigkeit der Ansprüche, die Bibliotheksnutzende mitbringen. Sicher sind unter diesen Menschen auch welche, die Bibliotheken meiden, weil sie sich dort fehl am Platz fühlen. Sie sind gehemmt, weil sie keine geeigneten Angebote vorfinden oder über das Vorhandensein dieser nicht informiert sind.

In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich der Frage nachgehen, welcher Handlungsbedarf besteht, damit Bibliotheken für möglichst viele Menschen ein Ort zum Stöbern und Verweilen werden.

Hierzu möchte ich zunächst feststellen, was die Aufgaben von Bibliotheken sind und diese definieren. Danach gehe ich auf potentielle Hindernisse ein, die bei der Erfüllung dieser auftreten können und werfe einen Blick auf bestehende Praxisprojekte, die Inklusion von Sehgeschädigten und Nichtmuttersprachler*innen fördern.

Zuletzt möchte ich resümieren, ob und inwieweit Bibliotheken allen zugänglich sind, welche Herausforderungen es noch zu bewältigen gilt und, worin die Chancen liegen, sich diesen zu stellen.

Die Aufgaben von Bibliotheken

Im Jahr 2011 hatten in den insgesamt 9898 öffentlichen Bibliotheken 10,9 Mio. Menschen eine Mitgliedschaft, was 13,3 Prozent der Gesamtbevölkerung entsprach.[3] Daraus folgt, dass Bibliotheken eine viel genutzte Bildungs- und Kulturstätte sind. Da die Pluralität der Gesellschaft stetig steigt verändern sich auch die Anforderungen an die Bibliotheken. Denn „so wie die Bibliothek als gesellschaftliche Institution zentrale Eigenschaften der Gesellschaft (Hegemonie und Multiplizität) aufweist, sind analog ihre Bestandteile über Identität und Vielfalt charakterisiert“.[4] Heute sollen sie soziale Integration und individuelle Teilhabe an Kultur und Sozialem ermöglichen, indem sie Lese-, Lern-, Medien- und Informationskompetenzen vermitteln.[5] Auf diese Anforderungen möchte ich im Einzelnen eingehen.

Lesekompetenz umfasst drei Bereiche. Zum einen die Leseintentionen, Verstehensprozesse bei der Verarbeitung des Gelesenen sowie das Leseselbstkonzept, also die Einschätzung über die eigene Lesemotivation und das Leseverhalten.[6]

In der IGLU Studie, einer Grundschul-Lese-Untersuchung, wurde dazu geforscht, wie es um die Bibliotheksnutzung der Kinder steht. Hierbei zeigte sich, dass etwa 35 Prozent der Schüler*innen nie oder fast nie Bücher ausleihen. Auch der Anteil der Kinder, die mindestens wöchentlich Bücher entleihen liegt mit 24.2 deutlich unter dem EU-Durchschnitt, der bei 32.8% liegt.[7] Die Lernkompetenz zeichnet sich durch die Bereiche Selbststeuerungskompetenz, Kooperationskompetenz und Medienkompetenz aus, die zu lebenslangem Lernen führen sollen.[8] Selbststeuerung ist beim Lernen notwendig, da dies ein aktiver Prozess ist. Allerdings soll nicht nur Faktenwissen erlangt werden, sondern auch Kooperationskompetenz, was bedeutet, dass Teamarbeit und das Ausbilden von Denkmustern und die Artikulation derer ebenso gefragt ist.[9]

Um den Begriff „Medienkompetenz“ zu definieren, möchte ich im Folgenden das Medienkompetenzmodell nach dem deutschen Erziehungswissenschaftler Dieter Baacke anführen. Vermittlung von Medienkritik umfasst ihm nach zum einen die analytische Fähigkeit, Inhalte zu prüfen.[10] Hierbei und hierzu soll vorhandenes Wissen stets reflektiert und erneuert werden. So kann der*die Rezipient*in beispielsweise nachvollziehen, dass Werbeträger Inhalte beeinflussen können.

Reflexiv soll eine kritische Betrachtung des eigenen Medienhandelns stattfinden, wobei eigenes Handeln stets auf soziale Verantwortlichkeit zu prüfen ist. Das Ziel der Mediennutzung soll erreicht werden durch die Vermittlung von Medienkunde. Dies geht einerseits über Informationen, die den klassischen Wissensbestand über Mediensysteme umfassen, aber auch Instrumentell- qualifikatorisch durch die Nutzung von Geräten. Die Nutzung kann rezeptiv-anwendend sein, wenn Informationen verarbeitet werden, aber auch interaktiv-anbietend, indem selbst Inhalte kreiert werden.[11]

Das Ziel der Mediengestaltung ist Informationskompetenz, also innovativ und kreativ Medien zu gestalten, um sie autonom auf das menschliche Leben zu beziehen.[12]

Um allen Menschen diese Gelegenheit zu geben, ist Inklusion notwendig.

Der Begriff Inklusion kommt von dem lateinischen Verb „includere“ und bedeutet „enthalten sein“.[13] Inklusion wird häufig im Zusammenhang mit Beeinträchtigung verwendet, soll sich hier aber auf Art. 14 der europäischen Menschenrechtskonventionen beziehen, wonach niemand „wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status[…]“ benachteiligt werden soll.[14] Daraus folgt, dass jeder Mensch mit seinen Fähigkeiten und Einschränkungen akzeptiert und als Erweiterung und Bereicherung der Gesellschaft verstanden wird.[15]

Soziale Bibliotheksarbeit

Soziale Bibliotheksarbeit ist keine Sozialarbeit, auch wenn es sich hierbei um Arbeit mit benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen handelt.[16] Vielmehr geht es darum die bestehenden Dienstleistungen allen zugänglich zu machen. Die fünf Dimensionen, in denen Benachteiligung auftreten können, sind ökonomische, soziale, kulturelle, physische oder psychische Beeinträchtigungen. Um inklusive Bibliotheksarbeit anbieten zu können, müssen Strukturen flexibel veränderbar sein, um allen Menschen gerecht zu werden.[17]

Nicht nur räumliche Barrierefreiheit in Form von breiten und stufenlosen Gängen muss für körperlich Eingeschränkte gegeben sein, auch die Medien müssen allgemein nutzbar sein. Für Sehbeeinträchtigte kommen kontrastreiche Bildschirme in Frage, Leselupen, Screenreader, sowie induktive Höranlagen.[18] Kontrastreiche Bildschirme sind besser sichtbar und schonen die Augen. Falls das nicht reicht, kann der Screenreader Abhilfe schaffen. Dies ist ein Gerät, das den Nutzenden den Bildschirminhalt vorliest. Mit induktiven Höranlagen kann das Gesagte direkt in das Ohr gestreamt werden, sodass das Klangbild ohne Störungen ankommt, da Hintergrundgeräusche automatische gefiltert werden.

Für Menschen mit Lern- und Sprachproblemen können Texte in leichter Sprache hilfreich sein, aber auch für ältere und hörgeschädigte Menschen mit geringerer Lautsprachkompetenz, Menschen mit geringen Deutschkenntnissen und für Lernende einer Fremdsprache.[19] Das Konzept „Leichte Sprache“ umfasst die Nutzung von einfachen Sätzen und kurzen Wörtern. Es werden keine Synonyme, sondern stets dieselben Begrifflichkeiten genutzt.[20] Es wird sprachlich nur vom Aktiv und Indikativ Gebrauch gemacht und Metaphern sowie komplexe Worte sollen vermieden werden. Ist letzteres unverzichtbar, soll auf Silbentrennung durch Mediopunkte geachtet werden. Ebenso ist es hilfreich, wenn das Layout eine größere Schrift, größere Zeilenabstände und größeren Abstand zwischen den Wörtern bietet.[21]

In Bibliotheken sind folglich nicht nur alle Informationen in einfacher Sprache nötig, sondern auch eine Abteilung mit derartigen Büchern. Angebote hierzu gibt es beispielsweise beim „Spaß am Lesen Verlag“ in Münster, in dem auch Klassiker in einfacher Sprache erscheinen. Aus dem bekannten ersten Satz Kafkas Verwandlung werden hier beispielsweise viele kurze, leicht verständliche Sätze, die die Geschichte auf das Wesentliche herunterbrechen, ohne dass relevanter Inhalt eingebüßt wird. [22]

Blinden Menschen in Deutschland stehen um die 10 Blindenbibliotheken zur Verfügung.[23] Über die Hälfte der Zielgruppe dort ist älter als 70 Jahre. Da viele Menschen erst im Alter ihre Sehkraft verlieren, können sie die Blindenschrift nicht mehr erlernen, weil häufig auch andere Erkrankungen wie Diabetes damit einhergehen, die die Sensibilität des Tastvermögens einschränken.[24]

Bei verminderter Mobilität werden Bücher den sehbeeinträchtigten Menschen per Post zugesandt. Viele melden sich von diesem Angebot allerdings wieder ab, da sie den Rückversand aus logistischen Gründen nicht selbstständig bewältigen können.[25] Die Poststelle muss erreicht werden und Bücher in Brailleschrift sind schließlich auch sehr groß, da die Punktschrift größer ist als die Schwarzschrift.

Ein Teil von der beliebten Jugendbuchreihe „Harry Potter“ umfasst in diesem Format etwa 6 Bände in der Größe eines Leitz-Ordners, was einer höheren Raumkapazität bedarf.[26] Des Weiteren könnte Kontakt zwischen Bibliotheken und Sozialeinrichtungen hergestellt werden, sodass auch Menschen, die eine Bibliothek unter keinen Umständen aufsuchen können, weil sie sich in Krankenhäusern, Gefängnissen oder anderen Einrichtungen befinden, Zugang zu Informationen erhalten.[27]

Die Bibliotheksarbeit im Strafvollzug ist in Deutschland föderal geregelt. Es gibt aber in jeder Einrichtung eine Bibliothek, da jede*r Gefangene ein im Strafvollzugsgesetz verankertes Recht auf diese hat.[28] Während im 19. Jahrhundert die dort ansässigen Bücherbestände von Seelsorgenden betreut wurden, verwalten seit dem 20. Jahrhundert immer mehr Lehrer*innen die Bücherhallen.[29] Fachpersonal findet sich hingegen selten.[30] Der Zugang zur Mediennutzung soll den Gefangenen zur Unterhaltung, Weiterbildung und Selbsterfahrung dienen.[31] Inhaftierte können selbst mancherorts zu Büchereiarbeitern werden und eingeschränkt alle anfallenden Tätigkeiten ausführen.[32]

Praxisbeispiel Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen in Leipzig

Das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lernen (dzb lesen), ehemals Deutsche Zentralbücherei für Blinde, ist eine Bibliothek, die sich in drei Bereiche gliedert.

Es gibt eine Wissenschafts-, Hör- und Brailleschriftliteraturabteilung. Daneben versteht sie sich als Produktionsstätte für Braillebücher, Zeitschriften, Reliefs, Noten und Bücher im Großdruck sowie DAISY-Hörbücher.[33] Daisy steht für Digital Accessible Information System und ist eine Technologie, die extra von Blindenbüchereien entwickelt wurde. Hintergrund ist, dass sich darauf mehrere Hörbücher von bis zu 40 Stunden abspeichern lassen und, dass die Technologie den Nutzenden erlaubt spezifische Kapitel, Zeilen oder Fußnoten gezielt aufzusuchen und die Sprechgeschwindigkeit zu regulieren.[34] Damit die Technik von allen genutzt werden kann, gib es einen Leipziger Online-Unterstützungs- und Beratungsservice, der über Computer- und Internetnutzung, sowie DAISY-Anwendungen informiert. Die Beratung erfolgt telefonisch, per Mail oder Brailleschrift.[35]

Medien können sowohl entliehen als auch gekauft werden. Gefördert wird dies vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus, da die Bibliothek ein Staatsbetrieb ist.[36] Nicht nur Sehgeschädigte in Sachsen können das Angebot nutzen: Weltweit können die Medien per Fernleihe gebucht werden. Im Bestand gibt es 48.900 Hörbücher, über 18.500 Braillebücher und 6.700 Notenwerke für die über 5500 aktive Nutzer*innen. Sonderwünsche können in Auftrag gegeben werden, darunter die Herstellung von Braillenoten für blinde Musiker, geografische Karten, taktile Malbücher, Kalender und Glückwunschkarten.[37] Es werden Blindenschriftkurse angeboten und das dzb lesen führt Lesungen und Ausstellungen, sowohl im eigenen Haus als auch auf Fachmessen, durch. Um die Thematik weiter in die Öffentlichkeit zu tragen, kommen regelmäßig Kooperationen zustande. Die neueste besteht mit der LEGO Stiftung, die nun nicht kommerziell LEGO® Braille-Steine herstellt, um Kinder spielerisch an die Brailleschrift heranzuführen. Dazu gibt es auf der Website Spielanleitungen, die die Kinder zum Spielen mit den Steinen animieren.[38]

Praxisbeispiel Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zeichnet sich dadurch aus, dass der Anteil Nicht-Deutscher sehr hoch ist.[39] Auf den Pisa-Schock 2000, der die Benachteiligung von Einwandererkindern offenbarte, reagierte die dortige Mittelpunktbibliothek Wilhelm Liebknecht/ Namik Kemal mit interkultureller Bibliotheksarbeit zur Sprach- und Leseförderung von Migrant*innen.[40] Sie werden dort bei der Erlernung der deutschen Sprache unterstützt, gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche fremdsprachige Medien, um Verbindung zu den Herkunftsländern zu ermöglichen und kulturelle Diversität zu fördern und Vielfalt als Chance zu begreifen.[41]

Für Kinder gibt es Bibliotheksführungen, Bilderbuch-Bastel-Aktionen, Schulbücher und Lernhilfen im Klassensatz. Die Bibliothek kooperiert mit Studierenden der Berliner Hochschulen, um diese Materialien zu entwickeln und den Kindern nahezubringen. Durch diese Teamarbeit zwischen Schule und Bibliothek werden Lerntechniken vermittelt, die an die selbstständige Mediennutzung heranführen.[42]

In der Bibliothek treffen alle Altersgruppen aufeinander, wenn die Kinder zum Lesen, Spielen und zur Hausaufgabenbetreuung da sind, während die Rentner*innen auf rund 12500 fremdsprachige Medien zurückgreifen können, darunter auch aktuelle Zeitungen.[43] Die Bibliothek versteht sich als interkulturelle Familienbibliothek, die ihren Schwerpunkt in der Kinder- und Jugendbibliotheksarbeit sieht. Hier haben alle die Chance auf sinnvolle Freizeitgestaltung, Rückzugsräume für die Erledigung von Hausaufgaben und Referatsvorbereitungen. Unterstützt werden sie dabei von Hausaufgabenhelfern.[44]

Des Weiteren gibt es wöchentlich Vorleseveranstaltungen für jüngere Kinder und Projekte und Workshops zu diversen Themen. Angeboten wird auch eine wöchentliche Computersprechstunde, in der Nutzer*innen Fragen zum Umgang stellen können. Die Bibliothek sieht sich nicht nur als Lern-, sondern auch als Gaming-Ort. Konsolenspiele können für eine Stunde am Tag genutzt werden und wöchentlich knüpfen medienpädagogische Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und deren Eltern an.[45]

Fazit

Auf Grund der Pluralität der Gesellschaft scheint es unmöglich, alle Bedürfnisse zeitgleich abzudecken und dennoch muss dies angestrebt werden. Wenn jede Bibliothek einen Schwerpunkt verfolgt, können möglichst viele Menschen in verschiedenen Lebensumständen das Angebot nutzen. Bibliotheken müssen als staatliche Institutionen einen Beitrag für Inklusion leisten, um demokratische Bildung und Partizipation zu verwirklichen und zu erhalten. Die beispielhaft genannten Projekte verweisen auf die Möglichkeiten, die Bibliotheken vor Ort entfalten können. Bibliotheken können zur Ideenschmiede werden und ihre Visionen ausprobieren und umsetzen. Durch Kooperationen zu anderen Firmen und Vereinen kann der Bekanntheitsgrad solcher Projekte gesteigert und so weitere Institutionen zum Nachziehen bewegt werden. Auf Grund der immer steigenden Vielfältigkeit von Lebenswirklichkeiten besticht eine moderne Bibliothek nicht nur mit einem vielseitigen Medienbestand, sondern mit sich engagierendem Personal, welches das Miteinander des Bezirks und der Gemeinschaft mit Informationen und interaktiven Veranstaltungen fördert. Auch wenn viele Möglichkeiten bereits genutzt werden, bleibt viel Raum zur Exploration neuer Felder. Spezifisch im Gamingbereich gibt es noch viel Potential. Games schaffen durch den interaktiven Spaß daran Kontakte zwischen verschiedenen Menschen herzustellen, laden ein zum darüber Reden und Reflektieren und fördern so das Miteinander diverser Bildungs-, Alters- und Einkommensschichten. Bei Spielenachmittagen und Gaming-Turnieren unter medienpädagogischer Anleitung kann das Miteinander und gleichermaßen die Medienkompetenz gefördert werden. Es gibt einige Projekte örtlicher Büchereien, jedoch handelt es sich hierbei um nicht koordinierte, vereinzelte Initiativen. Barrierefreiheit und Inklusion stellen einen Mehrwert für alle dar, da nur aufgeklärte Bürger*innen die Demokratie aufrechterhalten.

[1] Vgl. Vereinte Nationen: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. In: Website der UN. 10.12.1984.  https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf [13.09.2020].

[2]Vgl. Statistisches Bundesamt. 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen leben in Deutschland. Pressemitteilung Nr. 228 vom 25. Juni 2018. In: Statistisches Bundesamt.  https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2018/06/PD18_228_227.html [13.09.2020].

[3] Vgl. Mefebue, Astrid Biele. Umgang mit sozialer Diversität in der Bibliotheksarbeit– eine empirische Untersuchung (Bibliotheks- und Informationspraxis 57). Berlin: De Gruyter Saur 2016, S. 43.

[4] Hobohm, Hans-Christoph. Bibliothek und Diversität. Eine theoretische Annäherung. (Bibliotheks- und Informationspraxis 57). Berlin: De Gruyter Saur 2016, S. 9.

[5] Mefebue: Umgang mit sozialer Diversität in der Bibliotheksarbeit– eine empirische Untersuchung, S.48.

[6] Vgl. Hußmann, Anke u.a. IGLU 2016. Lesekompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im

internationalen Vergleich. München: Waxmann Verlag GmbH 2017, S.14.

[7] Siehe ebd., S.19.

[8] Vgl. Mandl, Heinz/ Krause, Ulrike-Marie: Lernkompetenz für die Wissensgesellschaft. Forschungsbericht Nr. 145. München: Ludwig-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie, S. 11. https://doi.org/10.5282/ubm/epub.253 [13.09.2020].

[9] Vgl. ebd., S.12.

[10] Vgl. Moser, Heinz: Einführung in die Medienpädagogik. Aufwachsen im digitalen Zeitalter. Wiesbaden: Springer VS 2019, S. 196.

[11] Vgl. ebd., S. 196.

[12] Vgl. Zorn, Isabel/ Schluchter, Jan-René/ Bosse, Ingo: Theoretische Grundlagen inklusiver Medienbildung. In: [Handbuch Inklusion und Medienbildung]. Hrsg. von [Zorn, Isabel/ Schluchter, Jan-René/ Bosse, Ingo]. Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2019, S.25.

[13]  Vgl. Heinz, Daniel/ Gühnemann, Denise: Inklusive Medienpädagogik in Bibliotheken (BIBLIOTHEK – Forschung und Praxis 2015, 39(3)). Köln: De Gruyter 2015, https://doi.org/10.1515/bfp-2015-0044 [13.09.2020], S.294.

[14] Vgl. Europäische Menschenrechtskonvention. Artikel 14. https://dejure.org/gesetze/MRK/14.html [13.09.2020].

[15] Vgl. Janßen, Elke. Die inklusive Bibliothek. Lesen für alle in Leichter Sprache. Hrsg. [Hauke, Petra] Bad Honnef: Bock + Herchen Verlag 2019, S.294.

[16] Vgl. Schulz, Manuela: Soziale Bibliotheksarbeit. Kompensationsinstrument zwischen Anspruch und Wirklichkeit im öffentlichen Bibliothekswesen. Berlin: Simon Verlag für Bibliothekswissen, 2009, S.17.

[17] Heinz, Daniel/ Gühnemann, Denise, S. 294-303.

[18] Vgl. ebd.

[19] Vgl. Janßen, S. 138.

[20] Vgl. Hußmann, S. 308.

[21] Vgl. ebd.

[22] Siehe Spaß am Lesen Verlag. Die Verwandlung von Franz Kafka in einfacher Sprache. In: https://einfachebuecher.de/epages/95de2368-3ee3-4c50-b83e-c53e52d597ae.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/95de2368-3ee3-4c50-b83e-c53e52d597ae/Products/978-3-947185-99-3 [07.09.2020].

[23] Vgl. Siems, Susanne: Öffentliche Bibliothek für Blinde– Blinde in öffentlichen Bibliotheken. In: [Zugang für alle– Soziale Bibliotheksarbeit in Deutschland]. Hrsg. von [Kaden,Ben/ Kindling, Maxi]. Berlin: BibSpider 2007, S.99.

[24] Vgl. ebd., S.102.

[25] Vgl. ebd.

[26] Vgl. ebd., S.101.

[27] Vgl. Schulz: Soziale Bibliotheksarbeit. Kompensationsinstrument zwischen Anspruch und Wirklichkeit im öffentlichen Bibliothekswesen, S.20.

[28] Vgl. Peschers, Gerhard: Bibliotheksarbeit im Justizvollzug in Deutschland am Beispiel Nordrhein-Westfalens.“ In: [Zugang für alle – Soziale Bibliotheksarbeit in Deutschland]. Hrsg. von [Kaden, Ben/ Kindling,Maxi]. Berlin: BibSpider, 2007, S.181.

[29] Vgl. ebd., S. 183.

[30] Vgl. ebd., S.181.

[31] Vgl. ebd., S.184.

[32] Vgl. ebd., S.191.

[33] Vgl. Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen. In: dzb lesen. https://www.dzblesen.de/index.php?site_id=8 [14.09.2020].

[34] Was ist DAISY? In: dzb lesen. https://www.dzblesen.de/index.php?site_id=7.8 [13.09.2020].

[35] LOUIS. In: dzb lesen. https://www.dzblesen.de/index.php?site_id=7 [13.09.2020].

[36] Vgl. Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen. In: dzb lesen. https://www.dzblesen.de/index.php?site_id=8 [14.09.2020].

[37] Vgl. ebd.

[38] LEGO® Braille-Steine für Leseanfänger. In: dzb lesen. https://www.dzblesen.de/lego [14.09.2020].

[39] Metz, Susanne: Interkulturelle Bibliotheksarbeit in der Stadtbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg. Zielgruppenorientierung, keine soziale Bibliotheksarbeit. In: [Zugang für alle– Soziale Bibliotheksarbeit in Deutschland]. Hrsg. von [Kaden,Ben/ Kindling, Maxi]. Berlin: BibSpider 2007, S. 210-221.

[40] Vgl. ebd.

[41] Vgl. ebd, S.212.

[42] Vgl ebd., S.217f.

[43] Vgl. ebd., S.219f.

[44] Mittelpunktbbibliothek Wilhelm Liebknecht/ Namik Kemal. In: Website der Stadt Berlin. https://www.berlin.de/stadtbibliothek-friedrichshain-kreuzberg/bibliotheken/mittelpunktbibliothek-wilhelm-liebknecht-namik-kemal/ [15.09.2020]

[45] BiLGO – Bibliothek als Lern- und Gaming-Ort. In: Website der Stadt Berlin. https://www.berlin.de/stadtbibliothek-friedrichshain-kreuzberg/wir-ueber-uns/projekte/artikel.842003.php [15.09.2020]

Kommentar zum Artikel “Unbezahlbare Leichtigkeit” von Franziska Hauser

Der Artikel „Unbezahlbare Leichtigkeit“ von Franziska Hauser erschien am 10.02.2017 auf der Internetpräsenz der „taz“ und befasst sich mit der Fragestellung, ob und wieso Hartz IV-Beziehende Kinder bekommen sollten.

Die Einleitung startet mit einer Erinnerung an ein verletzendes Erlebnis der Autorin im Jobcenter. Von einer Mitarbeiterin wurde sie gefragt, wie lange sie dem Steuerzahler noch auf der Tasche liegen wolle, dass ihr Leben mit Kind nicht einfacher werde und, dass sie ihrem Kind nichts bieten könne. Die Autorin bereut ihre damalige Zurückhaltung, denn gerne hätte sie gesagt, sie brauche eine Aufgabe und wenn nicht als Arbeitskraft, dann als Mutter, die ihren Kindern das Leben an sich anzubieten habe. In ihrem Gedankenexperiment entgegnet die Mitarbeiterin „Es kann eben nicht jeder alles haben“.

Bevor die Autorin dazu Stellung nimmt macht sie einen Sprung in ihrer Ausführung und erläutert zunächst ihre allgemeine Haltung. Sie wolle Fortpflanzung nicht vom Geld abhängig machen und meint, dass sich dieser Mangel mit Zeit kompensieren ließe.
Dann führt sie den fiktiven Dialog fort und geht auf das Kontra der Mitarbeiterin ein: Wenn nicht jeder alles haben kann, „dann muss eben geteilt werden“.

Die Autorin stellt damit These und Antithese gegenüber, was dazu führt, dass der Leser sie nicht als gänzlich verklärt betrachten kann, da sie Für und Wider kennt und reflektiert.
Die Debatte ums Teilen oder nicht, bezeichnet sie als gegenwärtig andauernden Kampf. Um dies zu untermauern nutzt sie das Faktenargument, dass die Geburtenrate im Schnitt im wirtschaftlich starken Deutschland niedriger sei als in armen Ländern, zum Beispiel Kenia.

Unter der Teilüberschrift „Gebraucht, geborgt, geschenkt, getauscht“ berichtet die Autorin von ihrem ersten Kind, das sie mit 24 voller Zuversicht bekam und dann doch feststellte, dass sie „Kompromisse und immer mehr Kompromisse“ machen musste. Diese Correctio bekräftigt die Schilderung des unbefriedigenden Zustands. Die Autorin musste ihre Ziele an die widrigen Gegebenheiten anpassen, zum Beispiel auch an diverse Bewerbungsablehnungen.

Die Autorin schildert, wie sie zu Dingen für die Kinder gekommen ist: „Gebraucht, geborgt, geschenkt, getauscht und manchmal geklaut“. Das verwendete Syndeton und die Alliteration fesseln die Aufmerksamkeit des Lesers und bilden einen abenteuerlichen, nahezu armutsromantisierenden Eindruck.
Des Weiteren berichtet sie von Solidaritätserfahrungen mit ihren Mitmenschen. Ihre Tochter durfte tanzen, wenn die Autorin anschließend die Halle wischte und Winterschuhe, sowie eine Waschmaschine, bekamen sie von Freunden und Bekannten.

Unverblümt gibt die Autorin zu, dass Ausflüge mit der S-Bahn nur als Schwarzfahrer möglich waren und konstatiert mit mangelnder Stringenz, dass ohne Hilfe dieses Leben nicht möglich gewesen sei. Sie meint, dass die Meisten genug besäßen und bei Not bereit seien zu teilen.

Die Gedankenführung macht einen erneuten inhaltlichen Sprung, wobei nur der Satzbau eine Linie erkennen lässt. „Wir brauchten es wirklich. Wir waren zufrieden“. In Bezug auf die Kinder störte sich die Autorin nicht an ihrer Rolle als Nehmende.
Den Teilabschnitt „Notwendiges teurer als Luxus“ beginnt die Autorin mit der rhetorischen Frage, die impliziert, dass wenn einem Millionär sein Geld im Überfluss zustünde, auch ihr das wenige Hartz IV gegönnt sei. Der antithetische Vergleich beleuchtet die Vielschichtigkeit des Verhältnisses von arm und reich, da beide Extreme genannt werden. Dem Leser wird sein eigener Zwiespalt gegenüber den genannten Gruppierungen bewusst.

Die Autorin gibt zu bedenken, dass sie trotz wenig Geld immerhin Kinder für diese Gesellschaft großziehe.
Sie bemängelt, dass notwendiges wie Miete teurer sei als Luxusgüter wie Flugreisen, bevor sie wieder in eine autobiografische Rückblende verfällt. Sie erinnert sich zurück, wie sie den Tanzsaal reinigt und fragt sich in einer rhetorischen Frage, ob sie sich nicht vielleicht bemitleide, um sich von der Erkenntnis abzulenken, eine Versagerin zu sein. Sie gibt dem Leser tiefe Einblicke in ihre Emotionen und ihre Motivlage.

Sie habe geglaubt ihren Kindern ein gutes Leben ermöglichen zu können wie ihre eigene Mutter ihr selbst und dass sie das fehlende Geld mit vorhandener Zeit kompensieren könne. Trotz aller Anstrengungen der Erziehung war sie stets froh über ihre Kinder.

Die Autorin entgegnet dem Vorwurf, dass man Kinder nur mit den nötigen finanziellen Mitteln bekommen solle damit, dass man es auch unterlassen solle, wenn man lieber arbeitet, als sich mit ihnen zu beschäftigen. Berufstätigkeit wird hierdurch zu einem negativen Aspekt verkehrt. Damit findet eine Abwertung des potentiellen arbeitenden Gegners statt und die Autorin attestiert ihm damit eigene moralische Defizite. Den Passus beendet sie mit der Erklärung, dass sie Zufriedenheit nicht als etwas ausschließlich durch Geld zu erreichendes ansehen wollte und sie fühlte sich auch von Stolz erfüllt, wenn sie ohne dieses etwas erreicht hatte.

Unter dem letzten Abschnitt „Keine Angst vorm Absturz“ erwähnt die Autorin erstmals die Kinderperspektive. Belastend sei es für diese gewesen sich „durchzumogeln“. Das verwendete Verb macht einen auf den Leser unaufrichtigen Eindruck, der allerdings durch die schonungslose Offenbarung aufgehoben wird.
Jetzt erklärt sich der Titel des Artikels: „Unbezahlbare Leichtigkeit“ erreicht man dadurch, dass man nichts verlieren kann, was man nicht besitzt.
Zuletzt resümiert die Autorin, dass sie zu Zeiten, in denen sie von Hartz 4 gelebt habe glücklicher gewesen sei als heute, wo 3 verschiedene Arbeitsstellen ihr Leben dominieren.

Die Aussage, dass die Hartz IV-Beziehende eine Aufgabe wolle, wenn nicht als Arbeitskraft, so als Mutter, klingt sehr egoistisch. Sie möchte Kinder, da diese sie brauchen und sie Ihnen das Leben anzubieten habe. Allerdings ist es immer egoistisch eigene Kinder zu bekommen. Jeden Tag werden weltweit Babys zur Adoption freigegeben, dennoch überlegt kaum jemand, ob er nicht einem schon geborenen Kind die Möglichkeit geben möchte, es bei und durch ihn gut zu haben. Folglich geht es nicht darum, die Bedürfnisse eines anderen zu stillen, sondern primär um die Befriedigung der eigenen. Eltern wollen ein Projekt, ihre Gene weitergeben, geliebt werden und sich im Optimalfall im Alter versorgt wissen.

Die These, dass geteilt werden muss, wenn nicht jeder alles haben kann, wird damit begründet, dass die Menschheit ausstirbt, wenn jeder nur darauf Bedacht ist, seinen Besitz zu schützen. Dass dieser negativ mit Kinderkriegen korreliert, zeigt die Statistik der Geburtenrate im Ländervergleich.
Trotz des Wohlstands in Deutschland wächst jedes 7. Kind in Armut auf. Das spiegelt keine Eigenschaften deren Eltern wieder, sondern die Arbeitsmarktlage mit fehlenden Arbeitsplätzen und niedriger Bezahlung.
Viele werden erst nach dem Kind hilfsbedürftig, nach Scheidungen zum Beispiel. Was soll die Alleinerziehende auch tun, wenn ihr Mann sie verlässt und sie anschließend nicht einmal mehr vom Ehegattensplitting profitieren kann, das kinderlosen Ehepaaren zusteht, sie selbst aber ausschließt. Selbst wenn sie arbeitet ist sie bei zu niedrigem Gehalt auf Sozialleistungen angewiesen, denn Arbeit schützt nicht automatisch vor Armut.

Der Autorenmeinung, dass ihr Hartz IV zustehe, da sie Kinder für die Gesellschaft großziehe, kann ich auch nur zustimmen. Immerhin lebt sie am Existenzminimum und investiert das wenige Geld und ihre ganze Zeit in die Kinder, die später nicht einmal die Rente der Autorin selbst bezahlen werden, sondern vermutlich die eines kinderlosen Karrieristen, der sich am Ende seines Lebens sicher ist, sich seine üppige Pension hart erarbeitet zu haben, während die Mutter, die ihr Leben für die Kindererziehung geopfert hat, keine Chance hat sich Wohlstand zu erarbeiten.

Den Wunsch nach Gerechtigkeit insofern, dass Dinge wie Wohnraum erschwinglicher sein sollten kann ich ebenfalls nur unterstützen. Damit wäre auch anderen Personengruppen, wie zum Beispiel Studenten geholfen, die in einer kostspieligen Stadt eine Zulassung erhalten haben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jeder Mensch sein Leben so gestalten können sollte, wie er möchte. Der Mensch soll sich frei entfalten können und wenn das System das verhindert, müssen bestehende Strukturen angepasst werden. Oft werden die Schlusslichter der Gesellschaft verurteilt und beschuldigt, versagt zu haben. Wir kämpfen mit Ellenbogen gegeneinander und verachten die Verlierer, anstatt nach oben zu schauen und Solidarität zu fordern. Solidarität der 62 reichsten Menschen der Erde zum Beispiel, die genauso viel besitzen, wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung