Kommentar zum Artikel “Unbezahlbare Leichtigkeit” von Franziska Hauser
Der Artikel „Unbezahlbare Leichtigkeit“ von Franziska Hauser erschien am 10.02.2017 auf der Internetpräsenz der „taz“ und befasst sich mit der Fragestellung, ob und wieso Hartz IV-Beziehende Kinder bekommen sollten.
Die Einleitung startet mit einer Erinnerung an ein verletzendes Erlebnis der Autorin im Jobcenter. Von einer Mitarbeiterin wurde sie gefragt, wie lange sie dem Steuerzahler noch auf der Tasche liegen wolle, dass ihr Leben mit Kind nicht einfacher werde und, dass sie ihrem Kind nichts bieten könne. Die Autorin bereut ihre damalige Zurückhaltung, denn gerne hätte sie gesagt, sie brauche eine Aufgabe und wenn nicht als Arbeitskraft, dann als Mutter, die ihren Kindern das Leben an sich anzubieten habe. In ihrem Gedankenexperiment entgegnet die Mitarbeiterin „Es kann eben nicht jeder alles haben“.
Bevor die Autorin dazu Stellung nimmt macht sie einen Sprung in ihrer Ausführung und erläutert zunächst ihre allgemeine Haltung. Sie wolle Fortpflanzung nicht vom Geld abhängig machen und meint, dass sich dieser Mangel mit Zeit kompensieren ließe.
Dann führt sie den fiktiven Dialog fort und geht auf das Kontra der Mitarbeiterin ein: Wenn nicht jeder alles haben kann, „dann muss eben geteilt werden“.
Die Autorin stellt damit These und Antithese gegenüber, was dazu führt, dass der Leser sie nicht als gänzlich verklärt betrachten kann, da sie Für und Wider kennt und reflektiert.
Die Debatte ums Teilen oder nicht, bezeichnet sie als gegenwärtig andauernden Kampf. Um dies zu untermauern nutzt sie das Faktenargument, dass die Geburtenrate im Schnitt im wirtschaftlich starken Deutschland niedriger sei als in armen Ländern, zum Beispiel Kenia.
Unter der Teilüberschrift „Gebraucht, geborgt, geschenkt, getauscht“ berichtet die Autorin von ihrem ersten Kind, das sie mit 24 voller Zuversicht bekam und dann doch feststellte, dass sie „Kompromisse und immer mehr Kompromisse“ machen musste. Diese Correctio bekräftigt die Schilderung des unbefriedigenden Zustands. Die Autorin musste ihre Ziele an die widrigen Gegebenheiten anpassen, zum Beispiel auch an diverse Bewerbungsablehnungen.
Die Autorin schildert, wie sie zu Dingen für die Kinder gekommen ist: „Gebraucht, geborgt, geschenkt, getauscht und manchmal geklaut“. Das verwendete Syndeton und die Alliteration fesseln die Aufmerksamkeit des Lesers und bilden einen abenteuerlichen, nahezu armutsromantisierenden Eindruck.
Des Weiteren berichtet sie von Solidaritätserfahrungen mit ihren Mitmenschen. Ihre Tochter durfte tanzen, wenn die Autorin anschließend die Halle wischte und Winterschuhe, sowie eine Waschmaschine, bekamen sie von Freunden und Bekannten.
Unverblümt gibt die Autorin zu, dass Ausflüge mit der S-Bahn nur als Schwarzfahrer möglich waren und konstatiert mit mangelnder Stringenz, dass ohne Hilfe dieses Leben nicht möglich gewesen sei. Sie meint, dass die Meisten genug besäßen und bei Not bereit seien zu teilen.
Die Gedankenführung macht einen erneuten inhaltlichen Sprung, wobei nur der Satzbau eine Linie erkennen lässt. „Wir brauchten es wirklich. Wir waren zufrieden“. In Bezug auf die Kinder störte sich die Autorin nicht an ihrer Rolle als Nehmende.
Den Teilabschnitt „Notwendiges teurer als Luxus“ beginnt die Autorin mit der rhetorischen Frage, die impliziert, dass wenn einem Millionär sein Geld im Überfluss zustünde, auch ihr das wenige Hartz IV gegönnt sei. Der antithetische Vergleich beleuchtet die Vielschichtigkeit des Verhältnisses von arm und reich, da beide Extreme genannt werden. Dem Leser wird sein eigener Zwiespalt gegenüber den genannten Gruppierungen bewusst.
Die Autorin gibt zu bedenken, dass sie trotz wenig Geld immerhin Kinder für diese Gesellschaft großziehe.
Sie bemängelt, dass notwendiges wie Miete teurer sei als Luxusgüter wie Flugreisen, bevor sie wieder in eine autobiografische Rückblende verfällt. Sie erinnert sich zurück, wie sie den Tanzsaal reinigt und fragt sich in einer rhetorischen Frage, ob sie sich nicht vielleicht bemitleide, um sich von der Erkenntnis abzulenken, eine Versagerin zu sein. Sie gibt dem Leser tiefe Einblicke in ihre Emotionen und ihre Motivlage.
Sie habe geglaubt ihren Kindern ein gutes Leben ermöglichen zu können wie ihre eigene Mutter ihr selbst und dass sie das fehlende Geld mit vorhandener Zeit kompensieren könne. Trotz aller Anstrengungen der Erziehung war sie stets froh über ihre Kinder.
Die Autorin entgegnet dem Vorwurf, dass man Kinder nur mit den nötigen finanziellen Mitteln bekommen solle damit, dass man es auch unterlassen solle, wenn man lieber arbeitet, als sich mit ihnen zu beschäftigen. Berufstätigkeit wird hierdurch zu einem negativen Aspekt verkehrt. Damit findet eine Abwertung des potentiellen arbeitenden Gegners statt und die Autorin attestiert ihm damit eigene moralische Defizite. Den Passus beendet sie mit der Erklärung, dass sie Zufriedenheit nicht als etwas ausschließlich durch Geld zu erreichendes ansehen wollte und sie fühlte sich auch von Stolz erfüllt, wenn sie ohne dieses etwas erreicht hatte.
Unter dem letzten Abschnitt „Keine Angst vorm Absturz“ erwähnt die Autorin erstmals die Kinderperspektive. Belastend sei es für diese gewesen sich „durchzumogeln“. Das verwendete Verb macht einen auf den Leser unaufrichtigen Eindruck, der allerdings durch die schonungslose Offenbarung aufgehoben wird.
Jetzt erklärt sich der Titel des Artikels: „Unbezahlbare Leichtigkeit“ erreicht man dadurch, dass man nichts verlieren kann, was man nicht besitzt.
Zuletzt resümiert die Autorin, dass sie zu Zeiten, in denen sie von Hartz 4 gelebt habe glücklicher gewesen sei als heute, wo 3 verschiedene Arbeitsstellen ihr Leben dominieren.
Die Aussage, dass die Hartz IV-Beziehende eine Aufgabe wolle, wenn nicht als Arbeitskraft, so als Mutter, klingt sehr egoistisch. Sie möchte Kinder, da diese sie brauchen und sie Ihnen das Leben anzubieten habe. Allerdings ist es immer egoistisch eigene Kinder zu bekommen. Jeden Tag werden weltweit Babys zur Adoption freigegeben, dennoch überlegt kaum jemand, ob er nicht einem schon geborenen Kind die Möglichkeit geben möchte, es bei und durch ihn gut zu haben. Folglich geht es nicht darum, die Bedürfnisse eines anderen zu stillen, sondern primär um die Befriedigung der eigenen. Eltern wollen ein Projekt, ihre Gene weitergeben, geliebt werden und sich im Optimalfall im Alter versorgt wissen.
Die These, dass geteilt werden muss, wenn nicht jeder alles haben kann, wird damit begründet, dass die Menschheit ausstirbt, wenn jeder nur darauf Bedacht ist, seinen Besitz zu schützen. Dass dieser negativ mit Kinderkriegen korreliert, zeigt die Statistik der Geburtenrate im Ländervergleich.
Trotz des Wohlstands in Deutschland wächst jedes 7. Kind in Armut auf. Das spiegelt keine Eigenschaften deren Eltern wieder, sondern die Arbeitsmarktlage mit fehlenden Arbeitsplätzen und niedriger Bezahlung.
Viele werden erst nach dem Kind hilfsbedürftig, nach Scheidungen zum Beispiel. Was soll die Alleinerziehende auch tun, wenn ihr Mann sie verlässt und sie anschließend nicht einmal mehr vom Ehegattensplitting profitieren kann, das kinderlosen Ehepaaren zusteht, sie selbst aber ausschließt. Selbst wenn sie arbeitet ist sie bei zu niedrigem Gehalt auf Sozialleistungen angewiesen, denn Arbeit schützt nicht automatisch vor Armut.
Der Autorenmeinung, dass ihr Hartz IV zustehe, da sie Kinder für die Gesellschaft großziehe, kann ich auch nur zustimmen. Immerhin lebt sie am Existenzminimum und investiert das wenige Geld und ihre ganze Zeit in die Kinder, die später nicht einmal die Rente der Autorin selbst bezahlen werden, sondern vermutlich die eines kinderlosen Karrieristen, der sich am Ende seines Lebens sicher ist, sich seine üppige Pension hart erarbeitet zu haben, während die Mutter, die ihr Leben für die Kindererziehung geopfert hat, keine Chance hat sich Wohlstand zu erarbeiten.
Den Wunsch nach Gerechtigkeit insofern, dass Dinge wie Wohnraum erschwinglicher sein sollten kann ich ebenfalls nur unterstützen. Damit wäre auch anderen Personengruppen, wie zum Beispiel Studenten geholfen, die in einer kostspieligen Stadt eine Zulassung erhalten haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jeder Mensch sein Leben so gestalten können sollte, wie er möchte. Der Mensch soll sich frei entfalten können und wenn das System das verhindert, müssen bestehende Strukturen angepasst werden. Oft werden die Schlusslichter der Gesellschaft verurteilt und beschuldigt, versagt zu haben. Wir kämpfen mit Ellenbogen gegeneinander und verachten die Verlierer, anstatt nach oben zu schauen und Solidarität zu fordern. Solidarität der 62 reichsten Menschen der Erde zum Beispiel, die genauso viel besitzen, wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung