Asoziales Wohnen von Dirk Bernemann

Hinter jeder Tür ein anderes Scheißleben

Manche Leben wackeln wie Milchzähne im Kinderkiefer, das kann man deutlich spüren, wenn man sich die Mühe gibt, genau hinzufühlen.

Der Inhalt

Es beginnt im Erdgeschoss. Hier wohnt ein Ehepaar, dass gemeinsam vor sich her vegetiert. Er sitzt in seinen Ausscheidungen und sie empfindet nichts als Abscheu, Ekel und Gewohnheit für ihn, was sie aber Liebe nennt.

Rechts daneben wohnt der 38-jährige, dicke Sören  mit seiner Mutter, der sich in eine virtuelle Rapperidentität flüchtet und dazwischen Sibylle mit Mädchenträumen von der Liebe, die nicht wahr werden und auch nicht wahr werden können, weil ihre Angst das gar nicht zulässt.

Trautes Heim, Glück sagt Nein

Im ersten Stock wohnen Isabell und ihr Mann Justus mit 3 Kindern. Von außen betrachtet muss das sehr idyllisch wirken, doch in Isabell ist es ziemlich leer. Daneben lebt ein Autor, der das Leben will. Doch sein Wunsch ist einseitig.

Die Wohnung daneben gehört Manuel. Der Schönling datet sich gegen die Leere, doch er versteht die Liebe nicht.

Das ist wie Warmlaufen beim Fußball und nicht eingewechselt werden, das ist wie für die Schule ein beschissenes Gedicht auswendig zu lernen und nicht dran genommen zu werden, das ist wie vor dem leckersten Büffet stehen und plötzlich und unerwartet beim Essenangucken Magen-Darm-Grippe bekommen.

Zudem lebt in dem Haus noch die 5-jährige Lisa, die in einer lieblosen und nicht kindgerechten Familie groß wird. Sie verstummt, legt sich einen imaginären Freund zu und mit ihm besucht sie den gesichtslosen Alien im Dachgeschoss, der nur selten die Tür öffnet.

Die Welt besteht manchmal nur aus Angst und Nichtangst. Und man ist instabil und wackelt und glaubt, dass das Leben immer neue Abgründe auftun will. Man weiß noch nicht, dass wenn man älter wird, der ganze Scheiß auch noch schlimmer werden kann.

Der Roman zeigt: Alles kann schlimmer werden.

Fazit

Derb und schonungslos beleuchtet Dirk Bernemann die Schwermut menschlichen Daseins. Das Entkommen aus dem falschen, ungeliebten Leben ist gar nicht so einfach und auch der Kontakt zu anderen ist schwer, wenn alle so sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Für meinen Geschmack waren einige Fäkalien-Metaphern  zu viel enthalten, aber so kam die Massage besonders gut rüber, dass das Leben ein Haufen voller Scheiße sein kann.

 

Auf einen Blick

Asoziales Wohnen

 

 

Asoziales Wohnen
Unsichtbar Verlag
Oktober 2012
315 Seiten
ISBN 978-3-942920-14-8

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